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Raumnutzung bestimmt Hygienestandard

Lüftungsanlagen für sichere und flexible Arbeitsstätten

Gemäß Arbeitsstättenschutzverordnung und VDI-Richtlinie 6022 „Raumlufttechnik, Raumluftqualität“ haben schätzungsweise 90 Prozent aller raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) einen Hygienestandard zu erfüllen. Für Planer ist es daher entscheidend zu wissen, wann die RLT-Anlagen welchen hygienischen Anforderungen wie entsprechen müssen. Außerdem sollten sie Bauherren auf diese gesundheitsrelevanten Kriterien aufmerksam machen.

Zu den gesetzlichen Anforderungen an RLT-Anlagen gehört, dass die Innenraumluft der Außenluftqualität entspricht. Ist die Außenluft besonders belastet, sind zusätzliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Quelle: Systemair
Zu den gesetzlichen Anforderungen an RLT-Anlagen gehört, dass die Innenraumluft der Außenluftqualität entspricht. Ist die Außenluft besonders belastet, sind zusätzliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Ein Pausenraum wird zum Arbeitsplatz, ein Abstellraum zum Büro – die Corona-Krise macht Unternehmen erfinderisch. Denn es gilt, die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregeln in Betrieben aufrechtzuerhalten, wenn mobiles Arbeiten keine Option ist. Diese neue, außergewöhnliche Situation legt zugleich einen schon länger bestehenden Missstand offen: Die hygienische Auslegung von RLT-Anlagen entspricht vielfach nicht den Anforderungen für Arbeitsstätten. Andererseits hat der Kampf gegen das Virus das Bewusstsein für den Wert einer hohen Raumluftqualität gesteigert. Fachplaner sind dadurch umso mehr gefordert, Bauherren und Architekten bezüglich erforderlicher Hygienestandards von Lüftungsanlagen aufzuklären, damit Räume bei höchstmöglicher Flexibilität als Arbeitsplatz nutzbar bleiben können.

Gesetze, Verordnungen und Regelwerke

Welche Hygienevorgaben bei der Auslegung von Lüftungsanlagen in Arbeitsstätten gelten, leitet sich aus vielen, durch Bezüge verbundene Gesetze, Verordnungen und Regelwerke ab. Während das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) die grundsätzlichen Fürsorgepflichten des Arbeitgebers zur Wahrung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten definiert, beschreibt die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) konkrete Anforderungen: „In Arbeitsräumen, Sanitär-, Pausen- und Bereitschaftsräumen, Kantinen, Erste-Hilfe-Räumen und Unterkünften muss unter Berücksichtigung des spezifischen Nutzungszwecks, der Arbeitsverfahren, der physischen Belastungen und der Anzahl der Beschäftigten sowie der sonstigen anwesenden Personen während der Nutzungsdauer ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft vorhanden sein.“ (Anhang 3.6 „Lüftung“ (1), ArbStättV).

Was eine „ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft“ ausmacht, beschreiben die Technischen Regeln für Arbeitsstätten „Lüftung“ ASR A3.6. Darin sind auch Berechnungsgrundlagen zu finden, wie die geforderte Innenraumluftqualität durch eine freie Lüftung – beispielsweise über Fensteröffnung – sicherzustellen ist. Häufig lassen die baulichen Gegebenheiten, der Außenlärm oder negative Auswirkungen auf die Arbeitsabläufe eine Fensterlüftung nicht zu. Deshalb wird für Arbeitsstätten in den meisten Fällen eine mechanische Anlage installiert. Grundlegende Anforderungen von der Auslegung bis zur Inbetriebnahme, Wartung und Prüfung von RLT-Anlagen sind ebenfalls in der ASR A3.6. festgelegt.

Für Details verweisen sowohl die ArbStättV als auch die ASR darauf, dass RLT-Anlagen dem Stand der Technik entsprechen müssen. Was die nationalen Hygienestandards betrifft, finden sich diese in der Richtlinie VDI 6022 „Raumlufttechnik, Raumluftqualität“ und der Norm DIN 1946 „Raumlufttechnik“. Die aktuellen Vorgaben für RLT-Geräte hat der europäische Verband der Lüftungsgerätehersteller EUROVENT entwickelt. Dessen „Hygienic Air Handling Units (HAHU)“ enthalten außer der Definition von Hygienestandards für RLT-Anlagen, ähnlich der VDI 6022, zusätzlich Vorgaben für regelmäßige Audits. Dabei wird von unabhängigen Fachleuten überprüft, ob der Hersteller die zugesagten Geräteeigenschaften im laufenden Fertigungsprozess einhält.

Die VDI 6022 definiert Hygieneanforderungen von RLT-Anlagen für übliche Arbeitsplätze wie Büros und Fertigungsstätten. Höhere Standards gibt die DIN 1946, Teil 4 vor, beispielsweise für Operationssäle in Krankenhäusern. Besondere Gefährdungen der Innenraumluft durch Schadstoffemissionen am Arbeitsplatz fallen hingegen in den Zuständigkeitsbereich der Gefahrstoffverordnung. Ebenso sind spezielle Anforderungen an Reinräume oder in der Lebensmittelindustrie gesondert zu betrachten.

Montagebeispiel in einer Lager- und Fertigungshalle: Solche raumlufttechnischen Anlagen müssen dem Arbeitsschutzgesetz und der Arbeitsstättenverordnung entsprechen und gemäß der Hygieneanforderungen nach VDI 6022 oder Eurovent HAHU ausgeschrieben werden.
Quelle: Systemair
Montagebeispiel in einer Lager- und Fertigungshalle: Solche raumlufttechnischen Anlagen müssen dem Arbeitsschutzgesetz und der Arbeitsstättenverordnung entsprechen und gemäß der Hygieneanforderungen nach VDI 6022 oder Eurovent HAHU ausgeschrieben werden.

Hygieneanforderungen nach VDI 6022

Die VDI 6022 ist auf RLT-Anlagen und -Geräte anzuwenden, die Räume oder geschlossene Aufenthaltsbereiche versorgen, in denen sich Personen bestimmungsgemäß mehr als 30 Tage pro Jahr oder regelmäßig länger als zwei Stunden pro Tag aufhalten. Dies ist bereits ein maßgeblicher Hinweis, bei welcher Raumnutzung RLT-Anlagen Hygienestandards erfüllen müssen. Abluftanlagen fallen im Übrigen nur dann in die Zuständigkeit dieser Richtlinie, wenn sie die Zuluftqualität durch Umluft beeinflussen können.

Weiterführende Informationen: https://www.systemair.com/de/

Donnerstag, 29.09.2022

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