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Flexible KWK

Der vorausschauende Steuerungsalgorithmus erstellt auf Basis des für die nächsten z. B. 24 Stunden prognostizierten Strom- und Wärmebedarfs, des aktuellen Energieinhalts des Wärmespeichers und des aktuellen Betriebszustandes einen optimalen Fahrplan für den Betrieb des KWK-Gerätes über den Prognosehorizont. Die Berechnung des Energieinhalts im Wärmespeicher, der jeweils zum Zeitpunkt einer neuen Fahrplanerstellung ermittelt werden muss, erfolgt mithilfe der bereits vorhandenen Temperatursensoren am Pufferspeicher; für diesen Zweck werden demnach keine zusätzlichen Sensoren benötigt. Es sind lediglich Energiemengenzähler für Wärme und Strom erforderlich, da diese Werte für die Erstellung der Bedarfsprognosen benötigt werden. Bei einer ausreichend hohen Anzahl von Temperatursensoren am Pufferspeicher kann der Wärmebedarf auch indirekt über die Änderung der Speichertemperaturen bestimmt werden, so dass die Notwendigkeit eines Wärmemengenzählers nicht zwangsläufig besteht. Der vom Algorithmus generierte Fahrplan steuert anschließend das KWK-Gerät durch Ein- und Ausschaltbefehle. Die Anwendung auf modulierende Geräte ist ebenso möglich. Die Vorgabe des Modulationsgrades wird dabei an einem weiteren Parameter, zum Beispiel dem prognostizierten Strombedarf, ausgerichtet. Droht der Wärmespeicher unter- oder überladen zu werden, was beispielsweise durch einen von der Prognose abweichenden Wärmebedarf hervorgerufen werden kann, greift die interne Steuerung des KWK-Gerätes ein und schaltet das Gerät unabhängig vom Fahrplan ein bzw. aus. Auf diese Weise ist zum einen garantiert, dass die Wärmeversorgung immer gewährleistet ist, und zum anderen kann das KWK-Gerät durch den stromoptimierten Betrieb keinen Schaden beispielsweise durch Überhitzung nehmen. Die Sicherheitskette des KWK-Gerätes wird somit durch den Steuerungsalgorithmus nicht unterbrochen, sondern sie bleibt in ihrer Funktion unbeeinträchtigt.

Die Fahrplanoptimierung selbst basiert auf der sogenannten „Monte Carlo Methode“. Es handelt sich dabei um ein heuristisches Verfahren, bei dem eine hohe Zahl möglicher Fahrpläne für das KWK-Gerät per Zufall erzeugt und anhand einer Zielgröße bewertet wird, so dass anschließend der beste Fahrplan ausgewählt werden kann. Vorteil dieser Methode ist, dass sehr einfach unterschiedliche Zielfunktionen implementiert werden können, wodurch, wie eingangs angedeutet, neben der hier betrachteten Eigenstromdeckung auch die Deckung der Residuallast oder die Netzdienlichkeit optimiert werden können. Darüber hinaus eignet sich das Verfahren gut zur Einbindung von Nebenbedingungen. Auf diese Weise ist beispielsweise berücksichtigt, dass die Anzahl der Startvorgänge des KWK-Gerätes durch die Betriebsoptimierung nicht über Gebühr ansteigt. Ein weiterer Vorteil besteht in der sehr einfachen und damit stabilen und robusten mathematischen Behandlung der „Monte Carlo Methode“, die deshalb problemlos auf der Gerätesteuerung von KWK-Anlagen implementiert werden kann.

Foto: KWK-Prüfstand der Hochschule Reutlingen.
Quelle: Hochschule Reutlingen
KWK-Prüfstand der Hochschule Reutlingen.

Betriebserfahrungen

Bei der Erprobung der Steuerung am Prüfstand der Hochschule (Abb. 2) hat sich in verschiedenen Tests bestätigt, dass der entwickelte Algorithmus in der Lage ist, das KWK-Gerät unter realistischen Bedingungen zuverlässig zu steuern. Dabei war der Betrieb der Anlage an real gemessenen Lastprofilen aus Wohngebäuden orientiert.

Abbildung: Stromoptimierter KWK-Fahrplan im Vergleich zum wärmegeführten Betrieb in der praktischen Anwendung.
Quelle: Patrick Haase und Bernd Thomas, Reutlinger Energiezentrum (REZ), Hochschule Reutlingen
Stromoptimierter KWK-Fahrplan im Vergleich zum wärmegeführten Betrieb in der praktischen Anwendung.

Die Vorteilhaftigkeit des stromoptimierten Betriebs ist in Abbildung 3 für zwei Tage beispielhaft veranschaulicht. Die rote Kurve gibt den tatsächlichen Stromverbrauch wieder, während die gelbe Kurve den vom Algorithmus prognostizierten Stromverbrauch abbildet. Wie sich zeigt, folgt der tatsächliche Betrieb des KWK-Gerätes (blaue Kurve) dem generierten Fahrplan (schwarz-gestrichelte Kurve) zuverlässig, wobei die Laufzeiten stets in Phasen mit hohem elektrischem Verbrauch liegen. Zum Vergleich ist zusätzlich der wärmegeführte Betrieb in Form der grünen Kurve dargestellt. Es ist zu erkennen, dass im wärmegeführten Betrieb Phasen mit hohem Stromverbrauch nur teilweise und rein zufällig abgedeckt werden, während der entwickelte Algorithmus die Betriebszeiten des KWK-Gerätes bewusst in die Phasen mit hohem Stromverbrauch verlagert.

Freitag, 08.10.2021

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