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E-Auto finanziert den Restbetrag

Die 35.000 kWh Bedarf vervielfachen sich damit zu 58.000 kWh Bezug (inklusive Strom als Abfallprodukt der Wärmeerzeugung – oder umgekehrt). Den Verbrauch mit 6 ct verrechnet, ergibt sich der gleiche Betrag von etwa 3.500 € für den Energieeinkauf wie für Variante 1, der Therme plus Netzstrom.

Eine Überschlagsrechnung

Nur gibt es für den ersten Fall jedoch von keiner Stelle eine Gutschrift. Das BHKW dagegen profitiert energiekostenseitig erheblich von den Zuschüssen nach KWKG. Die 35.000 kWh thermisch bedeuten 17.500 kWh elektrisch. Für den Eigenverbrauch des Objekts von 4.000 kWh muss der kommunale Netzbetreiber 4.000 x 8 Cent/kWh = 320 €, plus 13.500 x 16 Cent/kWh für die Einspeisung = zusammen 2.480 € bezahlen. Zu dieser Summe von 2.480 € addieren sich des Weiteren „Vermiedenes Netzentgelt“ für die 13.500 kWh sowie der Erlös des Stromverkaufs an den regionalen Versorger. Er, der Kommunale, bestimmt das Netzentgelt und die Leipziger Strombörse EEX den Abgabepreis. Als „üblicher Preis“ gilt der an der EEX erzielte durchschnittliche Baseload-Preis (KWK-Index) des jeweils vorangegangenen Quartals. Der kletterte in 2021 bis auf 7,4 ct/kWh (Juni), lag allerdings im Vergleichsmonat des Vorjahres bei nur 2,4 ct/kWh. Baseload plus Netzentgelt plus ersparte Energiesteuer von zusammen 6 ct/kWh dürften kalkulatorisch die Realität wiedergeben, ergo den Abzug von weiteren 13.500 x 6 ct/kWh = 810 € von der Einkaufsrechnung. Unter dem Strich verbleiben damit für ein BHKW von maximal 13 kW thermisch 3.500 - 2.480 - 810 = rund 200 € Strom- und Heizkosten für die ersten 30.000 Betriebsstunden oder rund acht Jahre (bei jährlich 3.000 Vollbenutzungsstunden x 13 kW thermisch = 38.000 kWh Verbrauch). Den 3.500 € für konventionelle, ungekoppelte Energieerzeugung stehen also 200 € BHKW-Energie gegenüber.

Erstes Fazit: Was den Gasbezug angeht, spart der Betreiber eines BHKW dieser Größe auf Basis der angesetzten Zahlen etwa 3.000 € pro Jahr im Vergleich mit der Standardversorgung Wärme aus der Therme und Strom aus der öffentlichen Steckdose. Das Beispiel geht allerdings von einer Deckung von 100 Prozent des Haushaltstroms durch die BHKW-Elektrizität aus, was sich in einer Vergleichsrechnung zugunsten des BHKW ausdrückt. In der Realität dürfte das nur mit einem Batteriespeicher machbar sein. Ohne Puffer lieferte die KWK 75 Prozent des Eigenbedarfs. 25 Prozent mussten zugekauft werden.

Strom als „Tiger“

Zweites Fazit: Im Fall eines E-Fahrzeugs im eigenen oder nachbarlichen Fuhrpark geht dagegen die 100-Prozent-Rechnung auf, wenn der BHKW-Betreiber in Anlehnung an eine frühere Sprit-Werbung der Aufforderung folgt: Pack den Strom („Tiger“) in den Tank. Die Einsparungen am Kraftstoff für das E-Mobil dürften dann die restlichen Strom- und Gaskosten für das Haus mehr als komplett tragen. Denn gelingt es organisatorisch dem Hauseigentümer, die 13.500 kWh in sein E-Vehikel zu schieben, gehen ihm zwar 16 plus 6 Cent/kWh, ergo 21 ct/kWh Einspeisung verloren. Die Wallbox in der eigenen Garage nimmt aber für öffentlichen Strom mindestens 29 bis 30 ct/kWh und an den Ladesäulen draußen verteuert sich das Nachtanken um weitere 3, 4 oder 5 Cent je Kilowattstunde. 13.500 x 8 Cent/kWh im Minimum Differenz bedeuten weitere ersparte 1.080 €, ergo die Restsumme von 200 € für den Haushaltstrom – plus einen beträchtlichen Überschuss.

Das heißt, heizen, kochen, waschen zum Nulltarif – wenn die Investitionen nicht wären. Wie sieht die Praxis aus? Für Prof. Dr.-Ing. Felix Kruse hatte der beschriebene Ansatz keine undurchsichtige Variable, sodass er sich in seinem eigenen Haus zur Ausführung entschloss. „Die Klimaschutz-Gleise sind doch eindeutig in diese Richtung gestellt. Es kann nur noch besser werden.“ Das BAFA zahlt und zahlte einen Investitionszuschuss und die Stadt Stade beteiligte sich mit einem speziellen Förderprogramm ebenfalls an der Umrüstung auf KWK. Aus eigener Tasche verblieben für den Bauherrn etwa 17.000 bis 18.000 € exklusive Mehrwertsteuer. Ganz genau kann er seine reinen BHKW-Ausgaben nicht beziffern, da in dem Bestandsgebäude ohnehin elektro- und installationstechnische Sanierungsmaßnahmen anstanden.

Freitag, 12.11.2021

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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