Bauen und Sanieren im Bestand kann für Handwerker extrem gesundheitsschädlich sein, weil überall Asbest lauert.
Asbest – tödliche Gefahr lauert im Bestand
1.500 Tote durch Asbest - jährlich
Das soll sich ändern – durch die novellierte Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Vor 30 Jahren, am 31. Oktober 1993, wurde Asbest als Bestandteil von Bau- und Werkstoffen verboten. Der Grund für das heute nahezu weltweit geltende Verbot: Die extrem gesundheitsschädliche Wirkung von Asbestfasern, die per Baustaub in die Lunge gelangen und da Krebs auslösen können. Das belegen diese Zahlen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua):
- Rund 3.500 asbestbedingte Berufskrankheiten sind bekannt.
- Fast jede zweite Berufserkrankung mit tödlichem Ausgang wird durch Asbest verursacht.
- Jährlich sterben in Deutschland etwa 1.500 Menschen an einer asbestbedingten Berufskrankheit.
Einfach so Fliesen abschlagen? Gar nicht mehr so einfach …
Seit dem Verbot des Minerals steigt die Anzahl der asbestbedingten Erkrankungen drastisch an. Das liegt an der langen Latenzzeit von 30 bis 40 Jahren. Die bis heute hohe Fallzahl hat allgemein zu berechtigter Sorge geführt, so auch im Bundesarbeitsministerium. Deshalb legte das Haus im März 2023 einen Referentenentwurf zur Novelle der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) vor – mit weitreichenden Auswirkungen insbesondere (und nicht nur) für das SHK-Handwerk.
Asbest galt lange als „Mineral der tausend Möglichkeiten“ - die Fasern sind nämlich zugfest, elastisch, feuer- und hitzebeständig. Im Bauwesen kam Asbest hauptsächlich von 1950 bis 1990 zum Einsatz, zu 75 Prozent als Asbestzement. Auch in Putzen, Spachtelmassen und Fliesenklebern wurde Asbest verarbeitet. Solange die Fasern fest mit dem jeweiligen Bau- oder Werkstoff verbunden sind, gelangen sie nicht in die Umwelt. Und solange sind sie auch nicht gesundheitsgefährdend. Wird asbesthaltiges Material jedoch mechanisch bearbeitet, kommt es per Baustaub zur gesundheitsgefährdenden Freisetzung der Fasern. So wird das simple Fliesenabschlagen bei der Badsanierung zur komplexen Arbeit. Und die darf laut novellierter GefStoffV nur fachkundig geschultes Personal durchführen …
Erkunden, erkunden, erkunden …
Besonders bedeutend ist dabei der neue Paragraf 5a der Novelle. Der verpflichtet Auftraggeber für Arbeiten an baulichen Anlagen, zu erkunden, ob Gefahrstoffe wie Asbest vorhanden oder zu vermuten sind. Zu den Auftraggebern zählen neben Eigentümern, Besitzern, Mietern und Bauherren auch Privatpersonen im Rahmen einer Nachbarschaftshilfe oder im DIY-Verfahren.
Weiter heißt es in dem Entwurf, dass „Asbest in der Regel dann vermutet wird, wenn mit dem Bau des Objektes vor dem 31. Oktober 1993 begonnen wurde.“ Diese Vermutung kann nur durch eine historische oder technische Erkundung widerlegt werden. Historische Erkundung meint hier die Sichtung von (alten) Dokumenten, Plänen sowie Unterlagen zu dem betroffenen Objekt. Unter technischer Erkundung ist die direkte Probenahme vor Ort zu verstehen.
Mehr Aufwand für das Ausbauhandwerk
Für die technische oder historische Erkundung ist also der Auftraggeber zuständig. Und nicht der beauftragte SHK-Installateur oder der Heizungsbauer. Aber jetzt kommt der neue § 11a ins Spiel. Der verpflichtet den beauftragten handwerklichen Unternehmer, „die zur Verfügung gestellten Erkundungsergebnisse auf Plausibilität zu prüfen.“ Darüber hinaus muss er feststellen, „ob die Tätigkeiten zu einer Freisetzung von Asbestfasern führen können.“ Der ZVSHK hat hier Leitlinien für die Asbesterkundung veröffentlicht.
Da scheint es sicherer, eine technische Probe direkt vor Ort zu nehmen. Die muss unbedingt noch vor (!) Arbeitsbeginn von einem dafür zertifizierten Labor ausgewertet werden. Vorab ist zwischen auftraggebendem Bauherrn und ausführendem Handwerker zu klären, wer die Kosten für Probe und Labor übernimmt. Die liegen derzeit zwischen fünfzig und mehreren hundert Euro. Laut TÜV Süd darf übrigens der Fachhandwerker die Proben selbst nehmen.
Freitag, 17.11.2023
Abbrechen